Über das Projekt

Über uns
Bei dieser Internetseite handelt es sich um das Ergebnis einer studentisch organisierten Veranstaltung, die 2010/2011 unter der Leitung von Janis Nalbadidacis an der Humboldt-Universität zu Berlin angeboten wurde. Die Texte auf dieser Seite stammen zurzeit ausschließlich von Teilnehmenden dieser Veranstaltung. Mit ihnen wollen wir einen Einblick in unser Arbeiten geben und zu neuen Betrachtungsweisen auf diesen einerseits so verstörenden, andererseits so untrennbar mit der Geschichte des Menschen zusammenhängenden Gegenstand bieten. Die Webseite stellt somit den Abschluss der Veranstaltung dar. Sie ist jedoch als langfristiges Projekt angelegt und wird bei Interessen von möglichen Autoren und Autorinnen gerne erweitert.
Insofern Sie Kritik, Anregungen oder gar selbst Interesse haben, das Angebot der hier dargebotenen Seite zu erweitern und selbst einen Text zu einem Massaker zu veröffentlichen, nehmen Sie sehr gerne Kontakt mit uns auf. Falls Sie informiert werden wollen, sobald wir neue Fälle einstellen, geben Sie uns einfach Bescheid. Wir nehmen Sie gerne in unsere Mailingliste auf und benachrichtigen Sie dann.

Ansatz
Unser Projekttutorium ging von der Frage aus, welche strukturellen Gemeinsamkeiten und kulturellen Spezifika sich bei einer vergleichenden Betrachtung von Massakern herausarbeiten lassen. Zur Entwicklung einer geeigneten Begriffsdefinition haben wir uns zunächst mit dem in diesem Kontext zentralen Begriff der Gewalt befasst und auf eine schwerpunktmäßige Betrachtung physischer Gewalt verständigt. Vor diesem Hintergrund erarbeiteten wir eine für unser Vorhaben tragfähige Definition von Massakern.
Als Massaker bezeichnen wir in der Folge Aktionsexzesse, bei denen kollektive Gewalt an Wehrlosen verübt wird. Diese Definition haben wir unter vier weiteren Aspekten eingeschränkt: So ist ein verhältnismäßig klar abgrenzbarer Gewaltraum auszumachen. Dabei gehen wir von einem dynamischen Raumbegriff aus, der sich an den Orten, an denen die Gewalt verübt wurde, orientiert. Zudem ist eine Vernichtungsabsicht der Täter ersichtlich. Dem Morden muss folglich eine Absicht unterstellt werden können. Ferner vollzieht sich die Gewaltsituation in einer klar abgrenzbaren Zeitspanne und eine räumliche Gleichzeitigkeit der handelnden Akteure ist gegeben. Alle unmittelbar an der Gewalt beteiligten Akteure teilen sich demnach zur selben Zeit denselben Raum. Die Gewalttat ist demzufolge für die Täter sinnlich erfahrbar.
Auf der Grundlage dieser Definition wurden die hier aufgeführten Fallbeispiele von uns ausgewählt, ohne eine geographische oder zeitliche Beschränkung.

Methode
Wer etwas über Gewalt sagen will, muss die Gewaltsituation genau betrachten. Dieser Prämisse von Vertretern der Neuen Gewaltsoziologie wie von Trotha oder Sofsky haben wir uns angenommen und uns bei der Beschäftigung mit unseren Fällen ausschließlich auf die Situationen konzentriert, in denen die Gewalt verübt wurde. Gleichwohl haben wir in unseren Betrachtungen immer auch den kulturellen Kontext, in dem die Massaker stattfanden, berücksichtigt. So gehen wir davon aus, dass Gewaltsituationen zwar spezifisch neue Situationen darstellen und neue Handlungslogiken hervorrufen können, dieses jedoch nicht losgelöst von jeglichem Kontext oder jeglicher kultureller und sozialer Prägung geschieht. Eine der großen Herausforderungen bei einem solch beschreibenden Ansatz ist es, nicht dem Faszinosum der Gewalt zu erliegen und aus einer voyeuristischen Position heraus die Gewaltabläufe zu schildern. Die Darstellungen und Illustrationen der Gewalt wurden daher stets in einen Zusammenhang mit der Analyse gesetzt.
Die zweite große Herausforderung stellt der Vergleich dar. So ist es unser Anliegen zu vergleichen ohne die Fälle gleichzusetzen oder gar in einem moralischen Sinn gegeneinander aufzurechnen und zu relativieren. Ein solcher die Fälle gegeneinander abgrenzender Ansatz zielt auf differenziertere Erkenntnisse für allgemeine Handlungsdynamiken von Massakern ab. Diese können dann wieder als Ausgangspunkt zur Reflexion anderer Massaker dienen. Insgesamt haben wir uns acht für die Gewaltsituationen maßgebende Gesichtspunkte erarbeitet, unter denen wir die Fälle zunächst einzeln und dann vergleichend analysiert haben:

  1. Gewaltraum
  2. Gewaltzeit
  3. Vermassung & individuelle Wahrnehmung
  4. Hierarchien
  5. Handlungsspielräume
  6. Opferspezifische Gewaltformen
  7. Spontaneität & Planung
  8. Waffenwahl

Bei allen Gesichtspunkten ist es wichtig, dass sie genügend Raum lassen, um aus der entsprechenden Perspektive zu unterschiedlichen Betrachtungen in den einzelnen Fällen zu gelangen. Zugleich geben sie eine klare Leitlinie und in diesem Sinne Engführung der Perspektiven vor, um überhaupt den Rahmen für einen Vergleich schaffen zu können. Dieses Spannungsfeld hoffen wir gut vermessen zu haben. Über Anregungen und Kritik an den von uns gewählten Gesichtspunkten sind wir natürlich sehr dankbar. In diesem Sinne sollen auch die vergleichenden Texte als Diskussionsanregungen verstanden werden. Sie basieren zunächst einmal ausschließlich auf der Grundlage der hier behandelten Fallstudien. Insofern noch weitere Fallstudien hinzukommen sollten, werden die Vergleichstexte natürlich entsprechend angepasst und die neuen Erkenntnisse berücksichtigt.
Eine qualitative Wertung der Gewalt haben wir ausdrücklich vermieden. In besonderem Maße half uns dabei unsere phänomenologische Herangehensweise. Wir haben uns bei den Texten also zunächst immer auf die Frage konzentriert, was wir vorfinden und sind in diesem Sinne von nüchternen Situationsbetrachtungen zu unseren Deutungs- und Strukturierungsversuchungen gelangt.

Ziel
Mit dieser Internetseite wollen wir zum einen Informationen zu den hier behandelten Fallstudien geben. Zum anderen aber wollen wir unseren Ansatz zur Diskussion stellen, massenhafte Gewalt zu betrachten und zu analysieren. Insbesondere die Vergleichsaspekte sollen dabei neue Perspektiven auf den Gegenstand der massenhaften Gewalt und den damit verbundenen Dynamiken eröffnen. Wir hoffen auf aufschlussreiche Anregungen bei der Lektüre und freuen uns über Anregungen, Kritik oder Vorschläge, weitere Fallstudien einzubinden.